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Rechnungsprüfung im Büro: Scams erkennen & vermeiden 

 

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Was Sie als Young Professional im Büroalltag über Rechnungsprüfung wissen müssen – und wie Sie typische Fehler vermeiden

„Das prüft doch die Buchhaltung, oder…?“

Stellen Sie sich vor, es ist Dienstagmorgen, kurz vor neun. Die Kaffeemaschine brummt, im Posteingang liegt eine E-Mail mit dem Betreff „Rechnung Position 4537 – bitte um Freigabe“. Nichts Besonderes, denken Sie – und klicken sich kurz durch. Vier Positionen, alles sieht ganz ordentlich aus, der Betrag passt in etwa, das Logo des Lieferanten kennen Sie, also weiterleiten. Und damit beginnt der Ärger.

Denn spätestens wenn das Controlling nachfragt, warum eine nicht gelieferte Leistung bezahlt wurde, oder sich der Steuerberater wegen einer fehlenden USt-ID meldet, wird klar: Rechnungsprüfung ist kein netter Gefallen – sondern ein zentraler Teil Ihres kaufmännischen Alltags.

Gerade für junge Kaufleute, Berufseinsteigerinnen und Assistenzen gilt: Wer Rechnungen prüft, ist nicht der Durchreicher, sondern die letzte Instanz vor dem Geldfluss. Und je besser Sie Ihre Rolle hier verstehen, desto stärker wird Ihre Position im Unternehmen – fachlich und persönlich.

Warum Rechnungsprüfung mehr ist als Zahlenkontrolle

Viele unterschätzen die Bedeutung der Rechnungsprüfung, weil sie auf den ersten Blick so unaufgeregt daherkommt: eine Rechnung wird geliefert, kurz überflogen, abgezeichnet – fertig. Doch dieser Umgang ist riskant. Jede Rechnung, die in Ihrem Unternehmen eingeht, ist ein rechtsrelevantes Dokument. Sie betrifft Finanzen, Verträge, Steuern – und damit weit mehr als nur „Papierkram“.

Wer eine Rechnung prüft und freigibt, bestätigt im Grunde vier Dinge gleichzeitig:

  1. Dass die Leistung korrekt erbracht wurde,
  2. dass der Preis mit der Vereinbarung übereinstimmt,
  3. dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind
  4. und dass diese Ausgabe vom Unternehmen so gewollt ist.

Und ganz nebenbei: Diese vier Punkte entscheiden auch darüber, ob Sie die Vorsteuer abziehen dürfen – oder das Finanzamt Ihnen einen Strich durch die Rechnung macht.

Rechnungsprüfung ist Kommunikation, Verantwortung – und Schutz

Rechnungen sind nicht nur Zahlenkolonnen, sie sind Ausdruck von Vereinbarungen, Prozessen und auch Vertrauen. Wenn jemand im Einkauf ein Produkt bestellt, erwartet er, dass Sie später erkennen, ob dieses Produkt geliefert wurde – nicht nur, ob das PDF hübsch aussieht. Wenn ein Dienstleister eine Rechnung stellt, geht er davon aus, dass im Unternehmen jemand prüft, ob alle Fristen, Mengen und Rabatte stimmen. Und wenn der Geschäftsführer unterschreibt, verlässt er sich darauf, dass in der Vorprüfung niemand geschludert hat.

Was viele Young Professionals nicht wissen: Die Buchhaltung prüft in den meisten Unternehmen keine Inhalte. Sie prüft, ob eine Rechnung buchhalterisch korrekt ist – aber ob sie inhaltlich korrekt ist, das ist Ihre Aufgabe. Ihre Signatur, Ihr Freigabevermerk oder auch Ihre bloße E-Mail mit dem Satz „Sieht gut aus“ ist ein kaufmännisches Ja-Wort.

Was geprüft werden muss – und warum

Die Prüfung einer Rechnung gliedert sich grob in vier Bereiche. Das heißt aber nicht, dass Sie eine Checkliste abarbeiten müssen wie eine Maschine. Es geht vielmehr darum, sich beim Prüfen diese vier Perspektiven bewusst zu machen – und sich gezielt zu fragen: „Was könnte hier nicht stimmen – und wie kann ich es herausfinden?“

1. Die formale Prüfung – Ist die Rechnung überhaupt rechtlich zulässig?

Es beginnt mit den harten Fakten: Eine Rechnung muss laut § 14 UStG bestimmte Pflichtangaben enthalten – sonst wird sie vom Finanzamt nicht anerkannt. Das betrifft beispielsweise die vollständige Adresse des Unternehmens, das die Rechnung stellt, aber auch die Umsatzsteuer-ID, eine fortlaufende Rechnungsnummer und die genaue Leistungsbeschreibung.

Hier hilft keine Intuition, sondern nur das Wissen, was gefordert ist. Wer diese Grundlagen kennt, erkennt mit einem Blick, ob das Dokument überhaupt eine Rechnung im rechtlichen Sinn ist – oder ein hübsch gestaltetes, aber unbrauchbares Schriftstück.

Das Gute: Wer sich einmal mit diesen Pflichtangaben vertraut gemacht hat, prüft sie künftig im Vorbeigehen.


2. Die inhaltliche Prüfung – Wurde geliefert, was berechnet wurde?

Das ist der schwierigste und zugleich wichtigste Teil. Denn hier geht es um das, was intern oft schiefgeht: Die Rechnung bezieht sich auf eine Bestellung, die nie ganz angekommen ist. Oder auf eine Dienstleistung, die ganz anders vereinbart war. Oder auf Mengen, die nie abgestimmt wurden.

Gerade junge Fachkräfte, die (noch) nicht in alle Projekte eingebunden sind, sollten hier besonders aufmerksam sein. Trauen Sie sich, nachzufragen! Wer war die bestellende Person? Gibt es eine Auftragsbestätigung? Liegt ein Lieferschein vor? Ist die Lieferung vollständig und mängelfrei angekommen? Wenn nicht, ist die Rechnung nicht prüfbar – und darf auch nicht freigegeben werden.

Wichtig: Rechnungsprüfung ist kein Zeichen von Misstrauen gegenüber dem Lieferanten – sondern Ausdruck von Professionalität.


3. Die rechnerische Prüfung – Sind die Beträge nachvollziehbar?

Hier wird’s kurz technisch, aber keine Sorge: Sie müssen kein Mathe-Genie sein. Was zählt, ist Aufmerksamkeit. Stimmen die Einzelpreise mit der Bestellung überein? Sind die Rabatte wie vereinbart abgezogen worden? Wurde der richtige Mehrwertsteuersatz angewendet? Ist der Gesamtbetrag korrekt berechnet – ohne Rundungsfehler oder Zahlendreher?

Ein Taschenrechner oder Excel reicht oft, um falsche Summen aufzuspüren. Und: Gerade bei Rabatten oder Skonti schleichen sich gerne Ungenauigkeiten ein – vor allem, wenn man „mal eben schnell“ abrechnet.


4. Die Freigabeprüfung – Wer darf das hier eigentlich unterschreiben?

Klingt banal, ist aber entscheidend: Wer hat das Recht, diese Rechnung freizugeben? In kleinen Unternehmen sind das oft alle – in größeren gibt es klare Regeln. Wenn Sie eine Rechnung prüfen und zur Zahlung freigeben, obwohl Sie gar nicht freigabeberechtigt sind, kann das im Ernstfall Konsequenzen haben – und zwar persönlich.

Auch hier gilt: Fragen Sie nach. Lassen Sie sich erklären, wer für welches Budget zuständig ist. Und tragen Sie dazu bei, dass interne Prozesse geklärt und verschriftlicht werden.

Die unsichtbare Gefahr – wie Fake-Rechnungen Ihre Organisation gefährden

Ein Fall, der so oder so ähnlich überall passieren könnte

Sie sitzt seit zwei Jahren in der Verwaltung eines mittelgroßen Forschungsinstituts. Organisiert, fleißig, beliebt. An diesem Mittwochmorgen liegt auf ihrem Schreibtisch eine neue Rechnung. Ein Anbieter, den sie nicht sofort zuordnen kann – aber der Name kommt ihr vage bekannt vor. GigaOffice Webservices. Klingt nach IT, könnte also zur neuen E-Mail-Umstellung passen. Die Summe: 487,30 €. Nicht viel. Sie hat gerade noch drei andere Dinge offen. Der Kollege vom technischen Dienst ist in einer Besprechung. Keine Zeit für Rückfragen. Wird schon stimmen, denkt sie. Freigegeben.

Was sie nicht weiß: Diese Firma existiert nicht. Die Leistung wurde nie beauftragt. Das Geld geht auf ein litauisches Konto. Am nächsten Tag fehlt es im Budget – und ihre Unterschrift steht auf der Freigabe.

Wenn Betrüger mitspielen: Die Psychologie hinter der Fake-Rechnung

Genau so funktioniert Scamming im Büro. Es ist selten spektakulär – dafür leise, subtil und erschreckend wirkungsvoll. Die Betrüger sind clever. Sie kopieren Logos, imitieren Rechnungslayouts, verwenden Anreden und Textbausteine, die täuschend echt wirken. Manche Rechnungen ähneln denen echter Dienstleister bis aufs Komma. Und das ist kein Zufall: Diese Rechnungen sind psychologisch konstruiert.

Sie zielen auf Ihre Routinen.
Sie bauen auf Zeitdruck.
Sie spielen mit Ihrer Unsicherheit.

Und vor allem: Sie nutzen das Vertrauen, das in jedem Büro mitläuft. Vertrauen in den eigenen Überblick, in bestehende Prozesse, in bekannte Namen. Genau da schlagen sie zu.

Wie erkennen Sie eine Fake-Rechnung – bevor sie Schaden anrichtet?

Ein sicheres Bauchgefühl ist hilfreich, aber nicht genug. Sie brauchen ein wachsames Auge, ein paar Tricks – und die Erlaubnis, zu misstrauen.

Achten Sie auf folgende Warnzeichen:

  • Vage Beschreibungen wie „Online-Dienstleistung“ oder „Vertragliche Leistung“ ohne konkreten Bezug.
  • Unbekannte Absender oder leicht veränderte Firmennamen („Business Media Deutschland GmbH“ statt „BusinessMedia GmbH“).
  • Druck erzeugende Formulierungen wie „Zahlung sofort erforderlich“, „nur heute gültig“, „bei Verzug droht…“.
  • Neue oder ausländische IBANs, oft aus dem Baltikum, aus Polen oder Österreich.
  • Rechnungen ohne Ansprechpartner, ohne Telefonnummer, ohne persönlichen Kontakt.
  • Keine Bezugnahme auf vorherige Kommunikation – kein Projekt, kein Angebot, kein Auftrag.

Aber das wohl trügerischste Merkmal: Sie wirkt völlig normal.

Was Sie konkret tun können – und sollten

Wenn Ihnen eine Rechnung „komisch“ vorkommt, ist das kein Zeichen von Unsicherheit, sondern von Sorgfalt. Handeln Sie. Und zwar so:

Vergleichen Sie die Rechnung mit einer früheren gleichen Absenderrechnung. Hat sich das Layout, die Adresse oder die IBAN geändert?

Rufen Sie beim bekannten Ansprechpartner an – verwenden Sie aber niemals die Telefonnummer aus der verdächtigen Rechnung, sondern die, die Sie bereits gespeichert haben oder auf der Website finden.

Fragen Sie intern nach: Wer hat das beauftragt? Gibt es einen Projektbezug?

Recherchieren Sie im Netz: Googeln Sie den Firmennamen + „Rechnung“ + „Betrug“ – es gibt Foren, Listen und Warnsysteme, z. B. bei Verbraucherzentralen.

Melden Sie den Vorfall intern weiter: Auch wenn Sie noch nicht sicher sind. Lieber einmal zu oft als zu spät.

Der unangenehme Teil: Wenn eine Fake-Rechnung bereits bezahlt wurde

Passiert ist passiert – und doch ist es wichtig, schnell und strukturiert zu reagieren. Melden Sie den Vorfall sofort an die Buchhaltung oder Geschäftsleitung. Oft besteht die Möglichkeit, über die Bank eine Rückholung der Zahlung zu beantragen – zumindest innerhalb weniger Stunden. Machen Sie deutlich, dass es sich um einen Betrugsversuch handelt, und dokumentieren Sie alles: E-Mail, PDF, Kontodaten, Uhrzeit, Ansprechpartner.

Wichtig: Niemand sollte dafür bloßgestellt werden. Scamming lebt von Scham und Schweigen. Besser ist eine offene Fehlerkultur mit klaren Prozessen zur Risikovermeidung.

Warum gerade junge Kolleginnen oft zur Zielscheibe werden

Betrüger setzen gezielt auf Assistenzkräfte, neue Teammitglieder oder junge Berufseinsteigerinnen. Warum? Weil sie wissen: Hier herrscht oft besonders hoher Anspruch, alles korrekt und schnell zu erledigen – aber zugleich Unsicherheit darüber, was üblich ist und was nicht.

Der entscheidende Punkt: Sicherheit kommt nicht von Wissen allein – sondern vom Mut, Wissen anzuwenden.

Und das bedeutet: Nicht durchwinken. Nicht schweigen. Sondern: Kurz innehalten, kritisch nachdenken – und dann handeln.

Prüfungsfehler aus dem echten Leben – und was man daraus lernen kann

Im Alltag passieren die meisten Fehler nicht, weil jemand unaufmerksam ist, sondern weil Prozesse fehlen – oder niemand offen sagt, was er nicht weiß. Gerade neue Kolleginnen im Büro trauen sich oft nicht, eine Rechnung zu hinterfragen. Sie haben Sorge, „zu kritisch“ zu wirken oder als ahnungslos dazustehen.

Ein typischer Fehler: Die Sichtkontrolle.
Die Rechnung sieht ordentlich aus, der Betrag ist nicht riesig, es gibt kein „offensichtliches“ Problem – also wird sie freigegeben. Die Frage, ob das überhaupt jemand bestellt hat, stellt sich niemand.

Ein anderer Klassiker: Skontoverlust durch Trödeln.
Die Rechnung liegt tagelang auf einem Stapel, wird erst am letzten Tag freigegeben – zu spät, um 2 % Skonto zu sichern. Bei großen Summen sind das schnell mehrere hundert Euro.

Und dann gibt es die „versteckten Dubletten“:
Eine Rechnung wird doppelt verschickt – einmal per Post, einmal per E-Mail. Beide sehen identisch aus, beide landen auf dem Tisch – und werden an zwei verschiedenen Tagen geprüft und bezahlt. Das ist nicht peinlich – das ist teuer.

Was alle diese Beispiele zeigen: Rechnungsprüfung braucht Struktur. Nicht nur Gewissenhaftigkeit, sondern einen festen Ablauf, mit dem jede Rechnung durch denselben Prüfprozess geht.

Digitalisierung als Freund – nicht als Stolperfalle

Die gute Nachricht: Es gibt viele digitale Tools, die die Rechnungsprüfung vereinfachen – auch in kleinen Büros. Schon eine einfache Ordnerstruktur mit einer Prüf-Checkliste kann Wunder wirken. Noch besser ist es, wenn ein digitales System Rechnungen automatisch vorsortiert, Pflichtangaben prüft oder sogar Zahlungsziele überwacht.

Tools wie Candis, lexoffice, DATEV Unternehmen online, DocuWare oder auch einfache Excel-gestützte Eingangsrechnungsbücher können dabei helfen, Abläufe zu automatisieren und Fehler zu reduzieren.

Aber Achtung: Digitalisierung ersetzt nicht das Denken. Auch ein KI-gestütztes System erkennt nicht, ob der Einkauf wirklich stattgefunden hat – das können nur Sie.

Was Ihnen aber gelingt: Sie schaffen Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Geschwindigkeit. Und das sind drei Superkräfte, mit denen Sie selbstbewusst Rechnungen prüfen, Rückfragen stellen und Verantwortung übernehmen können – ohne alles im Kopf haben zu müssen.

Schlussgedanke: Wer prüft, führt mit

Rechnungen zu prüfen klingt unspektakulär – ist aber eine Schlüsselaufgabe. Sie ist wie ein Filter, der entscheidet, ob Geld das Unternehmen verlässt – und wenn ja, warum, an wen und wann.

Wer hier den Überblick hat, hat Einfluss.
Sie halten das Rad der Büroorganisation nicht nur am Laufen – Sie steuern es mit.

Und das Beste daran?
Niemand erwartet, dass Sie alles sofort wissen. Aber jede Entscheidung, die Sie bewusst treffen – mit kritischem Blick, Rückfrage oder Nein – zeigt, dass Sie kaufmännisch denken. Und das macht den Unterschied zwischen reiner Sachbearbeitung und echter Mitgestaltung.


Judith Torma Goncalves ist Magistra der Rhetorik. Seit 2017 steuert Sie die Geschicke des Verband der Sekretärinnen.

Ihre Lieblingsthemen sind Kommunikation und Rhetorik und das weite Feld des miteinander.

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