Und wir tun so, als wäre das nur ein Schnupfen
Der teuerste Husten der Republik
„Ich war letzte Woche wieder krank. Irgendwie werde ich nicht richtig fit.“
Ein harmloser Satz – schon hundert Mal gehört in Teeküchen, Fluren und Zoom-Calls. Vielleicht haben Sie ihn selbst gesagt. Oder gedacht. Und dann? Einfach weitergemacht. Wie immer.
Aber stellen wir uns mal Folgendes vor:
Was wäre, wenn dieser harmlose Satz ein Frühwarnsystem ist?
Was, wenn hunderttausende Menschen genau das gleiche empfinden – und dabei eine neue Volkskrankheit ignorieren?
📢 Willkommen in der Ära der unbequemen Wahrheit.
Denn das, was sich in deutschen Büros und Wohnzimmern seit Jahren zusammenbraut, ist mehr als eine verlängerte Erkältung.
60 Milliarden Euro.
So hoch sind die geschätzten gesellschaftlichen Kosten pro Jahr, die durch Long COVID und ME/CFS entstehen – laut einer neuen internationalen Studie. Und das ist nur der Anfang.
Das Problem – Wir sind müde, und keiner fragt warum
Die neue Krankheit trägt alte Kleider
Erinnern Sie sich noch an Ihre letzte Erkältung?
Oder die Grippe, die irgendwie „dieses Mal besonders lang“ gedauert hat?
Vielleicht sind Sie seitdem etwas schneller aus der Puste, haben häufiger Kopfschmerzen oder fühlen sich nach einem ganz normalen Arbeitstag erschöpft wie nach einem Halbmarathon.
Und jetzt kommt’s:
Das ist kein Einzelfall. Das ist ein gesellschaftliches Phänomen.
Laut Tagesspiegel und SPIEGEL Online sind in Deutschland mehr als 1,5 Millionen Menschen von Long COVID oder ME/CFS betroffen. Viele davon ohne es zu wissen. Weil die Symptome diffus sind. Weil man keine Lust hat, sich zum x-ten Mal erklären zu müssen. Weil man funktionieren will.
Und weil man denkt: „Wird schon wieder.“
Verdrängung als Volkssport
Die Wahrheit ist:
Wir sitzen auf einer stillen Epidemie – und kollektiv auf dem Sofa.
Wir kehren Symptome unter den Teppich, schieben Erschöpfung auf das Wetter, den Stress, das Alter. Dabei zeigt die Wissenschaft längst: Das, was da in unserem Körper passiert, ist keine Laune der Natur. Es ist eine reale körperliche Reaktion auf eine Infektion, die bei Millionen Spuren hinterlässt.
Das Fatale daran?
Je länger wir wegschauen, desto teurer wird es.
Nicht nur für den Einzelnen. Sondern für uns alle.
Die Zahlen – 60 Milliarden Euro und kein Aufschrei
Was kostet eine Krankheit, die keiner ernst nimmt?
Wenn ein Konzern 60 Milliarden Euro Verlust macht, ist das eine Nachricht.
Wenn ein Land jährlich 60 Milliarden Euro durch eine Krankheit verliert – und niemand darüber redet – ist das ein Skandal.
Die neuen Berechnungen zeigen:
- Produktivitätsverluste durch Arbeitsausfall
- Medizinische Behandlungskosten
- Pflege durch Angehörige
- Frühverrentung
- Fehlende Steuereinnahmen
All das summiert sich auf eine schwindelerregende Summe, die etwa 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Eine Zahl, die im Bundeshaushalt so groß ist wie der gesamte Bildungsetat.
Und jetzt raten Sie mal, wie hoch die staatliche Förderung zur Erforschung von Long COVID und ME/CFS aktuell ist?
15 bis 20 Millionen Euro jährlich.
Was für ein Missverhältnis!
Wir investieren Millionen, verlieren Milliarden – und tun so, als sei alles in Ordnung. Als sei dieser Dauermüdigkeits-Zustand unserer Gesellschaft halt… „ein bisschen Winterblues“.
Was ist mit den Arbeitgebern?
Was mit den Krankenkassen?
Was mit der Politik?
Alle schauen betreten weg – oder „warten noch auf belastbare Daten“.
Doch die Betroffenen sind längst da. Im Wartezimmer. Im Homeoffice. Am Limit.
Die blinden Flecken – Warum wir nicht sehen, was wir fühlen
„Irgendwas stimmt nicht – aber ich komme nicht drauf“
Es beginnt harmlos.
Ein Kratzen im Hals, eine leichte Kurzatmigkeit beim Treppensteigen, ein Gefühl von Nebel im Kopf. Nichts, was man sofort googelt oder beim Hausarzt meldet. Man schiebt es auf das Wetter, auf zu wenig Schlaf, auf den letzten Infekt. Und auf das Alter sowieso – selbst mit 34.
Doch was, wenn das keine Ausnahme ist, sondern die neue Regel?
Was, wenn wir gerade kollektiv lernen, krank zu sein, ohne es so zu nennen?
Es gibt einen Begriff dafür: „subjektives Gesundheitsparadoxon“.
Das beschreibt das Phänomen, dass Menschen zwar Symptome verspüren – sie aber weder ernst nehmen noch als Grund ansehen, medizinische Hilfe zu suchen. Warum?
Weil wir gelernt haben, uns selbst zu überhören.
Gesellschaftliche Normalisierung von Erschöpfung
In unserer Leistungskultur gehört es fast schon zum guten Ton, zu sagen:
„Ich bin fix und fertig.“
„Ich bräuchte eigentlich mal zwei Wochen Urlaub.“
„Ich bin irgendwie gar nicht richtig fit – aber geht schon.“
Der Satz „geht schon“ ist unser kollektiver Untergang.
Denn was, wenn es nicht geht?
Was, wenn dieses „Unwohlsein“ in Wahrheit eine chronische Krankheit ist – und wir sie einfach nicht erkennen, weil wir nie gelernt haben, auf unser Gefühl zu hören?
Das Bauchgefühl weiß es längst
Wir merken es doch.
An den Tagen, an denen wir nach acht Stunden Arbeit das Gefühl haben, als hätten wir zwölf geschuftet.
Wenn wir am Wochenende regenerieren, aber trotzdem nicht erholen.
Wenn der Kopf wie Watte ist – und der Husten einfach nicht weggeht.
Das Problem ist nicht das Wissen. Das Problem ist die Verdrängung.
Der Preis der Ignoranz – und warum Unternehmen jetzt handeln müssen
Krankheit ist nicht mehr privat
Was wir in der Luft nicht sehen, können wir auch im Büro nicht ignorieren.
Wenn Mitarbeitende mit diffusen Symptomen weiterarbeiten – unkonzentriert, erschöpft, vergesslich – betrifft das nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch die Leistungsfähigkeit ganzer Abteilungen.
Ein bisschen Husten ist noch kein Problem.
Ein bisschen weniger Energie auch nicht.
Aber: Ein bisschen krank auf Dauer? Das kostet Millionen.
Unternehmen sind in einer Schlüsselrolle.
Sie könnten Prävention zur Chefsache machen – tun es aber zu selten.
Stattdessen gibt’s noch immer Meetings in stickigen Räumen.
Noch immer offene Büros ohne Luftfilter.
Noch immer keine Aufklärung über Langzeitfolgen viraler Erkrankungen.
Luftqualität als unterschätzter Hebel
Und hier kommen wir zu einem Punkt, der banal klingt – aber revolutionär ist:
Luft ist der einfachste Hebel, um Gesundheit zu fördern.
Warum?
- Weil Viren in der Luft schweben.
- Weil schlechte Luft Konzentration und Immunsystem schwächt.
- Weil gut durchlüftete Räume weniger krank machen. Punkt.
Ein funktionierender Luftfilter kostet wenige hundert Euro.
Ein Krankheitstag kostet Arbeitgeber im Schnitt 239 Euro – pro Tag und Person.
Die Rechnung ist einfach.
Man muss sie nur machen.
Die Lösung – Neue Spielregeln für Gesundheit am Arbeitsplatz
Gesundheit beginnt nicht beim Arzt, sondern beim Raumklima
Wenn wir wollen, dass weniger Menschen krank sind, dürfen wir nicht erst dann ansetzen, wenn sie bereits flachliegen. Prävention heißt: Strukturen schaffen, in denen Gesundheit möglich ist – und zwar jeden Tag, im ganz normalen Arbeitsalltag.
Und das beginnt nicht mit Smoothies in der Büroküche oder Yoga in der Mittagspause.
Es beginnt mit guter Luft.
Klingt zu einfach?
Ist es auch. Aber gerade darin liegt das Problem. Denn was banal wirkt, wird nicht ernst genommen. Dabei ist gute Luft die Grundlage für:
- konzentriertes Arbeiten
- klare Gedanken
- ein funktionierendes Immunsystem
- niedrigere Krankenstände
Und: eine gesündere Gesellschaft.
Was Unternehmen konkret tun können
Lassen Sie uns praktisch werden.
Hier ist ein 5-Schritte-Plan, den jedes Unternehmen – vom Handwerksbetrieb bis zur Landesbehörde – morgen umsetzen kann:
Maßnahme | Wirkung | Aufwand |
---|---|---|
CO₂-Messgeräte aufstellen | Sichtbar machen, wann gelüftet werden muss | niedrig |
HEPA-Luftfilter einsetzen | Filtert Aerosole und Krankheitserreger | mittel |
Lüftungspläne entwickeln | Bewusstes Lüften in den Arbeitsalltag integrieren | gering |
Mitarbeitende aufklären | Symptome erkennen, Frühwarnzeichen ernst nehmen | mittel |
Homeoffice mitdenken | Nicht jeder Arbeitsplatz braucht vier Wände – manchmal hilft Flexibilität | hoch, aber nachhaltig |
Gesundheit ist kein Zufall. Sie ist eine Frage der Prioritäten.
Eine neue Verantwortungskultur etablieren
Bisher galt: Wer krank ist, bleibt zuhause.
In Zukunft muss gelten: Wer gesund bleiben will, achtet auf die Umgebung.
Das bedeutet nicht, dass jede Firma zum Gesundheitszentrum mutieren muss.
Aber es bedeutet: Arbeitgeber*innen, Führungskräfte, Teamleitungen – sie alle können aktiv dazu beitragen, dass Arbeit nicht krank macht.
Indem sie Räume schaffen, in denen Luft zirkuliert.
Indem sie Mitarbeitenden ermöglichen, bei ersten Symptomen zuhause zu bleiben.
Indem sie nicht nur nach der Krankmeldung fragen, sondern vorher Raum geben für das Bauchgefühl.
Denn genau da beginnt die Gesundheit: bevor etwas wehtut.
Der gesellschaftliche Wandel – Von der Symptombekämpfung zur Ursachenvermeidung
Ein System, das erst reagiert, wenn es zu spät ist
Wir leben in einer Gesellschaft, die Krankheiten managt – aber Gesundheit zu wenig fördert.
Die gesetzlichen Krankenkassen reagieren, wenn eine Diagnose vorliegt.
Arbeitgeber reagieren, wenn jemand ausfällt.
Politik reagiert, wenn eine Krise öffentlich wird.
Doch Long COVID, ME/CFS, chronische Erschöpfung, psychische Belastungen – diese Entwicklungen verlangen einen anderen Umgang. Denn sie schleichen sich ein. Sie sind nicht spektakulär, sondern zermürbend. Sie lassen sich nicht mit einer Spritze oder Pille behandeln. Sie fordern langfristige, strukturelle Veränderungen.
Und genau hier liegt die Chance.
Von der Reparaturgesellschaft zur Vorsorgegesellschaft
Ein gesunder Arbeitsplatz schützt vor Burnout.
Gute Luft schützt vor Infektionen.
Gelebte Achtsamkeit schützt vor chronischen Krankheiten.
Offene Kommunikation schützt vor innerer Kündigung.
Was wäre, wenn wir das alles nicht als „Nice to have“ begreifen, sondern als wirtschaftliche Notwendigkeit?
Was wäre, wenn jede Chefetage, jede Personalabteilung, jede Teamleitung künftig fragt:
„Wie können wir verhindern, dass Menschen krank werden – statt nur darauf zu reagieren?“
Das wäre der Anfang eines echten Wandels.
Die Kraft des Umdenkens – Und was Sie selbst tun können
Schluss mit dem „Wird schon wieder“
Vielleicht erkennen Sie sich in den beschriebenen Symptomen wieder.
Vielleicht haben Sie Kolleginnen, die seit Monaten „nicht richtig fit“ sind.
Vielleicht fühlen Sie sich selbst manchmal, als ob Ihr Körper auf Standgas läuft.
Dann ist dieser Blogbeitrag nicht nur ein Aufruf an Politik und Unternehmen – sondern auch an Sie.
Denn Veränderung beginnt nicht in Brüssel, Berlin oder im Konferenzraum.
Sie beginnt in Ihrem Bewusstsein. In dem Moment, in dem Sie sagen:
„Ich nehme mein Unwohlsein ernst.
Ich höre auf mein Bauchgefühl.
Ich mache Gesundheit zur Priorität – für mich und mein Umfeld.“
Kleine Handlungen, große Wirkung
Hier sind sieben einfache Schritte, mit denen Sie sofort anfangen können:
- Beobachten Sie Ihren Körper. Schreiben Sie Symptome auf. Seien Sie ehrlich mit sich.
- Sprechen Sie im Team offen über Gesundheit. Schweigen schützt niemanden.
- Fordern Sie gute Luft. Bitten Sie um Luftfilter oder CO₂-Messgeräte im Büro.
- Nutzen Sie Homeoffice, wenn Sie sich nicht fit fühlen.
- Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über anhaltende Symptome – auch wenn sie diffus erscheinen.
- Lesen Sie über Long COVID und ME/CFS – informieren Sie sich und andere.
- Seien Sie solidarisch. Nehmen Sie Kolleginnen ernst, die nicht „einfach weitermachen“ können.
Schlussgedanke: Zwischen Atemzug und Alarmglocke
Wir haben gelernt, auf Wecker zu hören, auf Terminerinnerungen, auf E-Mail-Benachrichtigungen.
Aber unser Körper? Unser Gefühl? Unser inneres Wissen?
Das flüstert oft – statt zu schreien.
Und doch ist es die wichtigste Stimme von allen.
Wenn über 60 Milliarden Euro jährlich verloren gehen, weil wir Müdigkeit mit Faulheit verwechseln, Kurzatmigkeit mit Fitnessmangel und Konzentrationsstörungen mit Überforderung, dann ist es Zeit, den Kurs zu ändern.
Für uns selbst. Für unsere Kolleginnen. Für unsere Familien.
Und für ein neues Verständnis von Arbeit, Gesundheit und Verantwortung.
Denn:
Ein Schnupfen ist kein Witz.
Ein Husten ist kein Hintergrundrauschen.
Und Erschöpfung ist kein Zustand, mit dem man leben muss.
Luft ist Leben.
Wissen ist Schutz.
Und Prävention ist Macht.
